Sonntag, 29. Mai 2016

Strafe muss (nicht) sein!? Warum Strafen in der Erziehung sinnlos und schädlich sind.

Kinder sind wunderbar - und können uns doch immer wieder zur Weißglut bringen. Vor allem, wenn sie schon wieder wegen (aus unserer Sicht) Nichts und wieder Nichts ausrasten oder die Erzieherin mich schon wieder zur Seite nimmt, weil mein Kind nicht gehört hat oder ein anderes Kind gehauen hat,  und so weiter und so fort - ich denke, ihr wisst, wovon ich rede ...

Die Alltags-Pädagogik sagt: "Strafe muss sein!" Oder eben Konsequenzen, aber die sind oft auch nur Strafen. Klar, manchmal ergeben sich wirklich natürlich Konsequenzen, aber oft genug ist das nicht der Fall.
Strafen und die meisten Konsequenzen haben jedoch erheblich Nachteile. Einer davon: Sie wirken oft nicht. Jesper Juul nennt dazu ein treffendes Praxisbeispiel:

"Es gab da mal eine Szene mit einem Zweijährigen, der eine kleine Schwester bekommen hatte und ihr gegenüber aggressiv wurde. Nach zweimal Time-out ging dieser Junge zu seiner Schwester, machte genau, was er nicht durfte, und ging dann von allein ins Badezimmer – zum Time-out. Der hatte gelernt, wenn er sein Time-out nimmt, kann er’s ja machen" (http://www.zeit.de/2010/09/Jesper-Juul/seite-4).

Alfie Kohn nennt in seinem Buch "Liebe und Eigenständigkeit" weitere negative Aspekte von Strafen, z.B.:

- Bestrafte Kinder fühlen sich gedemütigt, was Wut und Rachegefühle auslöst. Auch die Beziehung zu den Eltern, die mal liebevoll und freundlich sind und dann absichtlich Leid zufügen, wird belastet.

-  "Die Lektion, die wir im Sinn hatten, als wir die Kinder bestraften („Tu x nicht noch einmal“), lernen Kinder vielleicht und vielleicht auch nicht. Doch ganz gewiss lernen sie, dass die wichtigsten Menschen in ihrem Leben, ihre Vorbilder, Probleme zu lösen versuchen, indem sie Macht anwenden, um den anderen unglücklich zu machen, damit er gezwungen ist zu kapitulieren" (Kohn, http://www.arbor-verlag.de/%E2%80%9Edas-ist-nicht-fair-ihr-seid-so-gemein%E2%80%9C)

- Je älter unsere Kinder werden, desto mehr Freiräume haben sie, sich unseren Strafen zu entziehen, d.h, Strafen verlieren mit der Zeit ihre Macht und Wirkung.

- Strafen bewirken in der Regel nicht, dass ein Kind wirklich einsieht, dass sein Verhalten falsch war. Meist führen sie nur zu Wut und dazu, dass das Kind das bestrafte Verhalten in Zukunft besser verheimlicht. Es hat dann nicht gelernt, dass sein Verhalten falsch war, sondern, dass es sein Verhalten besser vor den Eltern verstecken muss.

 - Strafen schwächen das moralische Verhalten von Kindern: Wir meinen oft, wir müssten strafen, damit Kinder sozialer handeln. Doch das Gegenteil ist der Fall: Je mehr wird strafen (und loben!), desto mehr konzentrieren sich die Kinder auf die Folgen, die ihr Verhalten auf sie selbst hat: Welche Strafe riskiere ich, wenn ich zuschlage? Werden meine Eltern mich loben, wenn ich jetzt meiner Schwester helfe? Sie wägen also zunehmend den eigenen Nutzen bzw. Schaden ab, statt ihre Moral zu entwickeln und zu lernen, sich in andere hineinzuversetzen und Rücksicht auf sie zu nehmen.

In den nächsten Blogs möchte ich darauf eingehen, was mir mit Disziplin eigentlich erreichen wollen und, welche sinnvollen Alternativen zu Strafen es gibt.